SAMU — anders wirtschaften, anders zusammenleben

Gabriel Fehrenbach
SAMU.works
Published in
10 min readApr 18, 2018

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“The world needs dreamers and the world needs doers. But above all, the world needs dreamers who do.”

Sarah Ban Breathnach

In einer Welt, die von uns Menschen eine regenerative Form des Wirtschaftens und Zusammenlebens verlangt, werden wir mit SAMU Denken und Handeln ändern.

Wir leben inmitten großer Herausforderungen. Wir wirtschaften, als gäbe es kein Morgen. Wir beuten Ressourcen aus: Menschen, Erdöl, seltene Erden, Phosphor, die Meere, um nur wenige zu nennen. Und wir ignorieren die Folgen dieses Tuns: die Umweltverschmutzung, den Klimawandel, die erheblichen finanziellen Risiken und Lasten, die Belastungen, denen wir uns, unseren Kindern und Enkeln tagtäglich aussetzen.

Unsere Demokratie stagniert. Was einst als Freiheit, als Zivilgesellschaft, als friedliches Europa hart errungen war, verkümmert zum populistischen Aktionismus und der Angststarre der Verwaltung. Aus der repräsentativen wurde die sich verweigernde Demokratie: Wir handeln nicht mehr, sondern suchen nach Schuldigen. Darüber sind wir als Gesellschaft vereinsamt. Ein Ausdruck davon sind unsere Städte und Gemeinden, wo wir jeden Austausch, jede Kommunikation mit Beton im Keim ersticken. Der Satz von der Unwirtlichkeit unserer Städte gilt immer noch. Uns fehlt der Bezug zum Großen und Ganzen. Zeit für Veränderung. SAMU will diese Veränderung sein.

Jeder dieser Herausforderungen ist für sich schon gewaltig. Und für jede haben wir eine Vielzahl von Lösungen und Bewältigungsstrategien. Doch die Herausforderungen sind nicht technischer Art, sondern kultureller. Und sie fangen mit unserem Denken an. Denn schon das Denken in Abteilungen ist problematisch. Denn die Dinge existieren nur in ihren Zusammenhängen, nicht vereinzelt. Und die Zusammenhänge sind das, was wir betrachten sollten, worüber es sich lohnt, nachzudenken.
Daher können wir die Herausforderungen nur gemeinsam lösen — in all der vielfältigen Bedeutung von „Gemeinsam“: indem wir uns den Blick auf das Gesamte bewahren und klug einzelne Ansätze miteinander verknüpfen. Indem wir gemeinschaftlich handeln und aus unseren Gegensätzlichkeiten und Widersprüchlichkeitenlernen. Und in dem wir bei uns selbst beginnen. Dann entsteht die Dynamik, die wir brauchen. Dann werden die Herausforderungen zu Möglichkeiten, an denen wir einzeln und als Menschheit wachsen und reifen können.

Wir suchen dazu bislang vor allem nach globalen Lösungen und delegieren die Aufgabe deshalb gerne. Doch die Lösungen für die Herausforderungen liegen vor unserer Haustür: Wir werden lokal arbeiten, uns Führung, Macht und Gestaltung für unseren Bereich aneignen und dann stetig ausweiten — in Kooperation, nicht in Konfrontation und Wettbewerb. Regeneratives Wirtschaften heißt dabei, die Trennung von Wirtschaft, Gesellschaft und Natur aufzulösen und von der Verbundenheit von allem aus Unternehmertum neu zu denken und zu gestalten.

Dazu braucht es Strukturen, die diese Veränderungen anstoßen und lernfähig sind. Sich weiterentwickeln, um aus dem Gelernten neue Impulse zu setzen. Strukturen, die die Selbstwirksamkeit ihrer Menschen und ihrer Umwelt zum Ziel haben. Die Gemeinschaft stiften. Strukturen, die mehren, statt zehren. In denen Menschen teilhaben können im vielfältigsten Sinne — weil wir nicht auf das Wissen, das Können, die Freude so vieler Menschen verzichten wollen.

Die Ausrichtung

Oberbayern ist eine boomende Region, der Zuzug nach München und sein Umland ist enorm. Enorm sind auch die Veränderungen, die dadurch auftreten und bislang nicht in ein ökologisches Gleichgewicht gebracht werden.
- Die wertvollste Ressource ist der Bodenm und um den gibt es eine hohe Konkurrenz: Boden für Gewerbe und Wohnraum, Boden für notwendige Infrastrukturen wie Verkehr, Schulen, Boden für Nahrungsmittel und Boden als Erholungs- und touristischen Raum. Für diese unterschiedlichen Bedüfrnisse gibt es keine Raumplanung — im Gegenteil. Die bestehende politische Ordnung mit Raumplanung und Kommunalfinanzierung befördert ein kleinteiliges Handeln: Überall die gleichen Wüsten an Neubau- und Gewerbegebieten.
- Die Region leidet unter einer hohen Verkehrsdichte und ihren sehr komplexen Folgen. Das reicht von der Feinstaubbelastung in Münchens Innenstadt bis zu den sozialen Problemen von Menschen auf dem Land ohne privates Verkehrsmittel.
- Zugleich verändert der Zuzug die Gemeinden in ihrer Gemeinschaft. Rund um die Ballungszentren entstehen Orte, die nicht sind — nicht Stadt und nicht Land und ihre Identität erst finden müssen.
- Oberbayern ist Sitz mehrer großer Automobilhersteller, die eingebunden sind in ein dichtes Netz von Zulieferern und Dienstleistern. Autos sind kaum nachhaltig, wenig effizient — die Branche und mit ihr die Region steht vor einem enormen Umbruch. Zugleich gibt es einen großen, sehr innovativen Mittelstand, eine Vielzahl auch an ökologisch orientierten Produzenten — großes Potential also, um regeneratives Wirtschaften in der Region zu verankern und weiterzuentwickeln.

SAMU wird sich bei allen vier Themen als wesentlicher Akteuere etablieren: in der Raumordnung, der Verkehrswende, im Gemeinschaft schaffen und in der Etablierung regenerativen Wirtschaftens.

Die Einzelteile von SAMU

SAMU wird solch ein Ort des Veränderns, des Lernens, des Austausches sein, Keimzelle einer Gemeinschaft. Dazu besteht SAMU aus drei Elementen: Einer Einflussgestaltung, einem Lernhaus und einer Gärtnerei.

Die Einflussgestaltung:

Klassischerweise sehen sich Unternehmensberatungen als Experten von außen, die eine Organisation beraten — eine Haltung, die in mehrfacher Weise hierarchisch und zutiefst problematisch ist: Das „Wir wissen mehr als unsere Kunden“ befähigt diesen nicht, seine Probleme selbst zu lösen, sondern hält ihn in Abhängigkeit. Berater stoßen dann keine ganzheitliche Entwicklung an, sondern bieten fertige Lösungen, seien sie technischer oder methodischer Art. Häufig führt das zu einem sich selbst aufrecht erhaltenden Verharren: der Kunde kauft sich Maßnahmen, die Veränderungen heißen, aber auf Dauer nichts verbessern, sondern eher toxisch wirken. Wenn das Problem, nur kurzfristig gelöst, sich wieder rührt, gibt es erneut Bedarf nach nichtverändernden Veränderungsmaßnahmen. Die Psychotherapie hat dafür den Begriff der Co-Abhängigkeit entwickelt. Nüchtern betrachtet ist es eine große Ressourcenverschwendung.

Wollen wir als externe Begleiter von Organisationen, Kommunen, Gemeinschaften sinnstiftend und nachhaltig wirken, müssen wir unsere Rolle, unsere Haltung und unsere Methoden stets auf’s Neue hinterfragen und verändern.
Wir beraten nicht, wir begleiten — ist deshalb der Leitsatz von SAMU. Unsere Arbeit ermöglicht unseren Kunden zu erkennen, welchen Einflüssen sie ausgesetzt sind und wie sie mit ihrem tagtäglichen Handeln ihre Situation, ihre Umwelt, ihre Ergebnisse beeinflussen. Und wie sie diese Einflüsse so gestalten können, dass sie tatsächlich die Veränderungen, die sie erzielen wollen, auch erreichen. Deswegen nennen wir uns „Einflussgestaltung“. Diese Arbeit verlangt von uns, dass wir uns involvieren und in Beziehung gehen mit unseren Kunden und ihrer Situation. Sie benötigt eine Haltung der Achtsamkeit und Wertschätzung, der Gleichwertigkeit. Wir haben Fachwissen, über Prozesse, Methoden, Philosophien, wissenschaftliche Erkenntnisse. Unsere Kunden haben das Wissen über ihre Fragen, Lösungen, ihre Geschichte und ihre Zukunft. So können wir uns als gegenseitige Experten begegnen.
Unser Ziel dabei: Unternehmen, die ihr Potential für regeneratives, in der Gesellschaft eingebettetes Wirtschaften entfalten. Und Kommunen, die zu einem lebendigen Ort des Miteinanders werden.

Das Lernhaus

Anders Wirtschaften, anders Unternehmen begleiten, Bürger wahrhaftig im politischen Alltag einbinden — das verlangt nicht nur neue Methoden, sondern vor allem eine andere Haltung, einen anderen Umgang mit uns selbst. Wie begegnen wir der Welt? Welche Bilder, Vorstellungen, Muster bringen wir mit? Und dienen sie unseren Zielen und unserer Umwelt? Wofür leben wir? Und wie verankern wir unser Tun im Großen Ganzen?

Berufliche Fortbildungen konzentrieren sich gerne auf das methodische. Der Arbeit mit sich selbst haftet etwas esoterisches an, sie findet in Yoga-Studios und Retreats statt. Selbsterfahrung ist Privatsache.

Das wollen wir ändern. Denn Methode und Haltung sind voneinander nicht zu trennen. Und ohne die angemessene innere Ausrichtung kann die tollste Intervention den größten Schaden anrichten. So wird unser Lernhaus selbstverständlich ein Ort sein, an dem wir das, was wir in Organisationen und Kommunen anwenden, Einzelnen weitervermitteln. Und zugleich ein Haus, in dem wir Menschen darin begleiten, sich selbst zu führen, ihre innere Haltung zu entdecken und diese weiterzuentwickeln. Sich Fragen stellen nach dem Wofür? und Wohin? Wir wollen Menschen unterstützen, ihre eigene Aufgabe zu finden und ihre Idee in die Welt zu tragen. Und wo wir selbst, in diesem Geben und Nehmen, lernen und uns weiterentwickeln.

Die Gärtnerei

Ökologische Landwirtschaft führt, wenn sie traditionell betrieben wird, genauso in die Sackgasse wie die konventionelle. Denn auch sie beruht auf der Ausbeutung von Ressourcen, auch sie lebt von Effizienz und dem Immer-Größer. Wie kann aber eine Landwirtschaft aussehen, die mehrt, satt zehrt?

Permakultur zeigt, wie das gelingen kann, wie auf kleiner Fläche genug für viele Menschen produziert und zugleich Boden und Umwelt aufgebaut werden können. Unsere Gärtnerei wird deshalb Teil einer regenerativen und regionalen Landwirtschaft sein, will die Menschen vor Ort ernähren und zugleich dazu beitragen, dass unser Grund und Boden heilen kann. Will ausprobieren und zeigen, wie stadtnahe Versorgung mit gesunden Lebensmitteln möglich ist.

Zugleich sind wir Teil unserer Gemeinschaft und gestalten den sozialen Wandel mit. Die Gärtnerei wird Menschen Arbeit anbieten, ohne sie vorher durch Bewerbungsverfahren auszusortieren. Jeder kann sich bewerben und erhält Arbeit, sobald welche vorhanden ist.

Das Zusammenspiel

Ihre Kraft und Wirksamkeit entfalten die drei unterschiedlichen Elemente von SAMU im Zusammenspiel:

Lernhaus/Einflussgestaltung: Hier findet der Austausch über Grundlagen und Methoden unseres Handelns statt. Die Erfahrungen, die wir in der Begleitung von Organisationen und Kommunen machen, tragen wir in das Lernen mit den Einzelnen. Aus dem Austausch im Eins-zu-Eins nehmen wir Impulse mit für die Arbeit vor Ort, mit Teams, Führungskräften, Mitarbeitern. Zugleich wird das Lernhaus für alle Mitarbeiter sein, wo sie ihrer eigenen Entwicklung und der Weiterentwicklung der Organisation nachgehen können.

Gärtnerei/Einflussgestaltung: Wie funktioniert nachhaltiges, am Gemeinwohl orientiertes Wirtschaften? Die Fragen stellen sich Gärtnerei und Einflussgestaltung jeweils in ihrem Kontext. Im konkreten, auf den Ort und die Nachbarschaft bezogenen der Gärtnerei. Im begleitenden, auf andere Firmen und Kommunen in der Einflussgestaltung. Im Austausch dieser Kontexte können sie sich gegenseitig unterstützen und befruchten, ihren jeweiligen Einfluss mehren.

Gärtnerei/Lernhaus: Ein Teil der Fortbildungen finden in der Gärtnerei statt: als Auseinandersetzung mit der konkreten, körperlichen, manuellen Arbeit. Und das Lernhaus wird auch ein Raum der Reflexion sein für alle, die in der Gärtnerei arbeiten. Damit Leben, lernen, arbeiten eins werden. Dann finden wir die Zeit, uns zu fragen, wie Gemeinschaft ausschauen kann. Und Orte, an denen wir diese Gemeinschaft dann auch ausprobieren und leben können. Und die Gärtnerei wird für das Lernhaus und alle, die an diesem Ort arbeiten, Lebensmittel zur Verfügung stellen und die Gemeinschaft im Kochen und Essen ermöglichen.

Der Austausch

Die Welt verändern zu wollen, verlangt erst einmal, die Welt anzunehmen, wie sie ist. Zu lernen, wie sie tickt, zu sehen, wo Hebel sein können, wo Energie ist, die wir nutzen können. Deshalb ist für SAMU nicht nur der Austausch im Innen wichtig. Ganz zentral wird das Lernen in der Welt sein. Jeder der drei Elemente hat dabei einen eigenen Zugang zur und einen eigenen Platz in der Welt und wird von dort andere Impulse, Eindrücke und Fragen mitbringen in das Ganze:

Die Einflussgestaltung wird lernen, wie Wirtschaften funktioniert, wie Kommunen arbeiten, welche Strukturen und Rahmenbedingungen es gibt, welche Fragen wir dort beantworten müssen, um anders zu wirtschaften. Sie wird zugleich über die Zeit hinweg Kompetenz und ein Netzwerk aufbauen, um sinnvoll Verbindungen und regionale Kooperationen zu ermöglichen. So kann sie ihren Beitrag zu einer resilienten und regenerativen Wirtschaft leisten.

Das Lernhaus gewinnt Erkenntnisse darüber, wo Menschen heute stehen in ihrer Entwicklung: Mit welchen Angeboten können wir sie in ihren Fragen gut begleiten? Wie sehen sich die Einzelnen innerhalb ihrer Organisationen, ihrer Familien, der Gesellschaft? Und wie können wir diese Geschichten ändern, um Gemeinschaft zu schaffen? Daneben wird das Lernhaus auch unserer Gemeinde als physischer Ort zur Verfügung stehen — für Veranstaltungen, als Treffpunkt und als ein Platz, wo andere mit ihren Ideen Struktur und Unterstützung finden.

Die Gärtnerei braucht ein regionales Netzwerk an Kunden, Lieferanten, Unterstützern. Darüber erfährt sie ganz handfest, was Bedingungen und Hindernisse sind auf dem Weg zu einer regenerativen, lokal verankerten Lebensmittelversorgung.

Es geht um eine langfristige Perspektive — für das Unternehmen und die Menschen, die an ihm beteiligt sind, für die Umgebung, die Region, um eine Entwicklung, die wirkt auf gesellschaftlicher ebenso wie auf wirtschaftlicher und auf Ressourcen-Ebene. Das kann die Sanierung von Erdreich und das Wiederbeleben einer Industriebrache sein, das kann die Herstellung gesunder Lebensmittel ebenso sein wie die Entwicklung neuer politischer Beteiligungsformen und die Einbeziehung von Menschen, die gesellschaftlich bislang ausgegrenzt werden. Was — wird die Reise zeigen, wird sich aus der Auseinandersetzung mit dem was gegeben ist, mit Ort, Menschen, Geschichten, Fragen und Träumen.

Das Große findet sich dabei im Kleinen wieder und beides ist miteinander verwoben. Das zu verstehen, heißt holistisch zu denken. Es ist daher zentral für das Gelingen von SAMU, das sich grundlegende Prinzipien wie Offenheit und Lernfähigkeit, umfassende Partizipation, Zirkulation von Information und Wohlstand, sich auf allen Ebenen wiederfindet, nicht zuletzt in uns selbst. Ganz Wesentlich für die Wirkung von SAMU wird daher unsere Organisationskultur sein. Haltung, Prozesse, Methoden — mit den ersten Schritten, die wir nun tun, werden wir das Leben dieser Organisation auf lange Zeit bestimmen. Wir müssen daher stets auf’s Neue unsere Haltung und Ideen, unsere Impulse, Denken und Handeln überprüfen und schleifen und uns dabei fragen, was der Schritt, den wir jetzt gerade tun, für langfristige Auswirkungen auf das Gesamte hat. Damit SAMU zu einem Ort des Denkens und Handelns wird.

Als Idee, die Wirklichkeit annimmt, braucht SAMU Menschen. Menschen, die ihre eigenen Ideen und Impulse einbringen, die Kraft geben und selbst lernen wollen. Wie willst Du dabei sein?

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Founder of SAMU. Organizational Developer, working on #regenerative Business | Gründer von SAMU — arbeitet an einer regenerativen Gesellschaft